Ein Interview mit Sophie Schuhmacher
Was macht Sophie Schuhmacher, wenn sie nicht als 3. Bürgermeisterin im Rathaus arbeitet und den Oberbürgermeister bei seinen Amtsgeschäften vertritt? Sie lernt. Denn im Herbst steht für die angehende Deutsch- und Geschichtslehrerin das Abschlussexamen für eines ihrer zwei Erweiterungsfächer, Sozialkunde am Gymnasium, an.
Außerdem ist sie mitten in den Vorarbeiten zu ihrer Promotion. Ein konkretes Thema für eine Doktorarbeit gibt es zwar noch nicht. Fest steht aber, dass sie auf ihrer im vergangenen Jahr fertig gewordenen Zulassungsarbeit aufbauen wird. Darin hatte sich Schuhmacher mit den Geschlechterrollen in den beiden bekannten Jugendbuchserien Drei ??? und Drei !!! auseinandergesetzt und war dabei zu einem Ergebnis gekommen, das sie in seiner Eindeutigkeit so nicht erwartet hatte.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, die Rollen von Mädchen und Jungen / Frauen und Männern bei den Drei ??? und den Drei !!! unter die Lupe zu nehmen?
Schuhmacher: Ich habe die Drei ??? als Kind selbst sehr gern gelesen. Einige der Hörbücher kann ich bis heute auswendig. Mit 20 habe ich die Detektivgeschichten dann für mich wiederentdeckt und finde sie immer noch spannend. Aber beim Lesen und Hören ist mir mehr und mehr klar geworden, dass das Geschlechterbild darin problematisch ist.
Die Serie ist ja 1964 in den USA gestartet. Seit 1968 gibt es sie auch bei uns und seit 1993 wird sie nur noch in Deutschland fortgesetzt. Die Geschlechterrollen haben sich im Laufe der Zeit durchaus verändert. Aber die drei jungen Detektive sind natürlich nach wie vor alle männlich und werden bei ihren Ermittlungen vor allem in den frühen Folgen fast nur von Männern unterstützt. Auch die Täter sind in der Regel männlich. Besonders stereotyp sind die Folgen aus der Crimebusters-Ära, also in der Phase kurz bevor die Serie in den USA 1990 eingestellt wurde. Frauen kommen in den ersten etwa 50 Fällen dagegen kaum vor. Und die Freundinnen von Justus, Peter und Bob sind vor allem hübsch und ängstlich, beim Lösen der Fälle helfen sie selten. Die neueren Folgen sind insgesamt etwas ausgewogener.
Die Drei !!! gibt es erst seit 2006. Sie erscheinen beim selben Verlag, speziell gedacht als Gegenstück zu den Drei ??? für Mädchen zwischen 10 und 14.
Drei Mädchen lösen als Hobbydetektivinnen spannende Fälle. Das hört sich doch eigentlich gut an?
Schuhmacher: Die Idee ist nicht schlecht. Die Mädchen sind ähnlich verschieden wie die drei ???. Sie kommen aus verschiedenen Familiensituationen und haben sehr unterschiedliche Interessen. Aber die Vielfalt bewegt sich in einem sehr engen Rahmen. Und in den Büchern geht es viel um Mode, Aussehen und Jungs. Die Kriminalfälle werden dabei fast zur Nebensache. Außerdem sind sie wesentlich einfacher als die der ??? und drehen sich zum Beispiel um Betrug beim Casting oder einen Pferde-Diebstahl. Auch das sind eher Mädchen-Themen.
Für meine Arbeit habe ich außerdem die Verteilung der Berufe statistisch verglichen. Die ist sehr traditionell. Weder bei den Drei ??? noch bei den Drei !!! kommt eine Naturwissenschaftlerin vor. Auch in den Bereichen Handwerk, Medizin, Polizei und Management überall dominieren Männer deutlich. Damit bleiben die Bücher nicht nur weit hinter der Realität zurück. Sie verspielen die Chance, gerade den Leserinnen der Drei !!! zu zeigen, dass Mädchen alles sein und alles werden können, was sie wollen.